Hohenloher Leben

Auf nach Stuttgart!

Nach rund vier Kilometern erreicht der Zug mit den Schwäbisch-Hällischen den Cannstatter Wasen

Bauern, Veranstaltungen & Messen

Frauen und Männer in schönen Trachten, festlich geschmückte Wagen und zünftig aufspielende Musikkapellen: Beim traditionellen Festumzug zum 168. Cannstatter Volksfest werden auch am kommenden Sonntag tausende Zuschauer die historischen Gassen säumen.

Mehr als 3500 Mitwirkende ziehen beim traditionellen Festumzug vom Daimlerplatz in Bad Cannstatt auf den Cannstatter Wasen. Darunter sind auch einige Verbeiner: Auf Position 37 von 116 Auftretenden, direkt nach den Haller Siedern, laufen nämlich rund 40 Schwäbisch-Hällische Landschweine bei dem bunten Spektakel mit. Die Tiere reisen extra aus ihrer Hohenloher Heimat in die Hauptstadt.

„Die Schwäbisch-Hällischen Schweine sind generell gut zu Fuß“

Rudolf Bühler, Retter der alten Landrasse

Sorge, dass die kräftigen Schweine die vier Kilometer lange Strecke konditionell bewältigen, hat Rudolf Bühler nicht. Der Vorstand der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, der als Retter der alten Landrasse gilt, wählt höchstpersönlich die geeigneten Tiere aus. „Schwäbisch-Hällische sind generell gut zu Fuß, das ist für diese alte Landrasse kein Problem“, sagt Bühler. Und stressresistent sind die Tiere ohnehin – im Unterschied zu hochgezüchteten Industrieschweinen sind Schwäbisch-Hällische Gelände tauglich und werden gerne auf der Weide gehalten.

Gutes Schuhwerk sind beim Umzug Pflicht

Zwei Bauern sichern vorn, zwei an den Seiten sowie zwei am Ende der Gruppe, damit die Schwäbischh-Hällischen auch schön zusammenbleiben bei ihrem großen Auftritt. Die Betreuer müssen nur darauf achten, dass die munteren Schweine nicht die Blumenrabatten plündern. Appetit haben sie nämlich immer.

Der Schweinetrieb hat bei den Hohenloher Bauern Tradition, die Teilnahme ist Ehrensache. Das Cannstatter Volksfest wie die Schwäbisch-Hällischen Schweine gehen nämlich auf König Wilhelm I. von Württemberg zurück. Sein Amtsantritt fiel in eine Zeit großer Not: 1815 war in Indonesien der Vulkan Tambora ausgebrochen – eine der schwersten Naturkatastrophen seit Menschengedenken, die Württemberg 1816 das „Jahr ohne Sommer“ bescherte. Von April bis September gingen Regen-, Graupel- und Schneeschauer nieder. Das Getreide verschimmelte auf dem Feld, die Ernte fiel aus. Die Folgen waren Hunger und Verarmung.

Tausende Zuschauer säumen die Straßen in Bad Cannstatt.

Der junge König verordnete seinem Land Innovationen, um die (Land-)Wirtschaft anzukurbeln. Er gründete die Universität Hohenheim, rief das Landwirtschaftliche Fest zu Cannstatt ins Leben und ließ chinesische Schweine „zur Hebung der Schweinezucht“ aus England importieren. Sie wurden mit heimischen Rassen gekreuzt. Am besten verbreitete sich das Schwäbisch-Hällisches genannte Landschwein in der Region rund um Schwäbisch Hall. Daher trägt es auch seinen Namen.

Das wissen freilich die wenigsten, die am Straßenrand das Geschehen verfolgen. Beim Umzug zum Cannstatter Volksfest geht es aber ohnehin vor allem ums Vergnügen. Und das ist für die Zuschauer mit den munteren Schweinen garantiert.

Info

Festumzug zum 168. Cannstatter Volksfest
Stuttgart-Bad Cannstatt, 29. September, 11 Uhr
Übertragung im SWR Fernsehen
15.55 bis 18 Uhr
http://www.cannstatter-volksfestverein.de