Hohenloher Leben

Mit 70 Rösslein aufs Feld

Nachsäen: Markus Ehrmann sät auf zwei Hektar Scharfgarbe nach.

Ackerbau, Bauern, Schwein

„Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt. Er setzt seine Felder und Wiesen in Stand“, lauten die ersten Zeilen des bekannten Volkslieds. Der Text zeichnet ein romantisierendes Bild von Landwirtschaft. Was freilich stimmt: Natur und Mensch erwachen.

Die Pferde sind längst von den Hohenloher Bauernhöfen verschwunden. Markus Ehrmann, Landwirt aus Herbertshauen bei Rot am See, startet stattdessen seinen 70-Pferdestärken-Traktor und fährt hinaus.

„Er pflüget den Boden, er egget und sät“
Auf zwei Hektar Fläche hat der Hofbesitzer im Herbst Schafgarbe ausgebracht, deren Wildsamen er für einen regionalen Vermarkter vermehrt. „Mit frühem Säen beziehungsweise Nachsäen habe ich gute Erfahrungen gemacht.“ Die Sonderkulturen sind das zweite Standbein des promovierten Agrarwissenschaftlers. Das erste sind die Schwäbisch-Hällischen Schweine, die er in den beiden modernen Ställen mit Auslauf am Rand des Dorfs mästet.

Der Landwirt füllt das Saatgut in die Behältnisse der Maschine.

Früher als sonst zu dieser Jahreszeit haben die Ehrmanns geegt, gehackt, Erbsen gedrillt und einige Felder gedüngt. Das Wetter ist für die Bauern auch in diesem Jahr eine Herausforderung. „Im vergangenen Jahr war alles zu spät, heuer ist alles relativ früh.“ Markus Ehrmann zuckt mit den Schultern. Immerhin: „Ein trockener Herbst ist gut für das Getreide, es ist gezwungen, tiefe Wurzeln zu bilden.“ Weizen, Gerste und Triticale stehen gut da – wenn sie aufgegangen sind. Das Getreide bildet später die Grundlage für das Futter der alten Landrasse. So steht’s auch in den Erzeugerrichtlinien: „Schwäbisch-Hällische Landschweine bekommen während der Mast Getreide vom eigenen Hof oder von anderen regionalen Betrieben.“ Mit rund 100 Hektar hat Markus Ehrmann genügend Fläche, er muss nur wenig Getreide zukaufen.

„Pferde können eine höhere Bodenverdichtung haben als der Traktor“

Markus Ehrmann, Landwirt

„und rührt seine Hände früh morgens und spät.“
Genug zu tun ist auf dem Hof von Markus Ehrmann das ganze Jahr über. Bei der Feldarbeit gilt es jetzt, den richtigen Zeitpunkt abzupassen: „Auf das eine Feld kann man fahren, auf das andere nicht.“ Wenn es zu nass ist, verdichten die Schlepperreifen den Boden. In einem verdichteten Boden ist das Volumen der Hohlräume reduziert, was den Wasser- und Lufttransport behindert. Die Folge sind verschlechterte Wuchsbedingungen für die Pflanze.

Ehrmanns Vater Helmut (74) kann sich gut an die Zeit erinnern, als auf dem elterlichen Hof tatsächlich noch Pferde eingespannt wurden. „Ich war 16 oder 17 Jahre alt“, erzählt der Landwirt, einer von fünf Söhnen, die alle Landwirtschaft gelernt haben. „Dann bin ich auf die Lehre gegangen, und als ich nach Hause kam, waren die Pferde weg und man hatte Schlepper angeschafft.“ Früher war freilich auch nicht alles besser: „Pferde können eine höhere Bodenverdichtung als der Traktor haben, da sie ihr ganzes Gewicht auf nur vier Hufen auf das Feld abtragen müssen“, weiß der Sohn.

Kontrolle: Noch ist von der Herbstsaat nichts aufgegangen.

„Die Bäurin, die Mägde, sie dürfen nicht ruhn, sie haben im Haus und im Garten zu tun;sie graben und rechen und singen ein Lied und freun sich, wenn alles schön grünet und blüht“
Markus‘ Frau Damaris, Mutter von zwei kleinen Kindern, hat keine Angestellten, aber ihre beiden Nichten, Kathleen und Salome, zur Unterstützung zu Gast. Wenn die Männer am Mittag hungrig von draußen kommen, freuen sie sich auf eine gute Mahlzeit. An diesem Tag gibt’s Lasagne, das die junge Frau mit viel Gemüse verfeinert hat. „Aus dem eigenen Garten“, erzählt sie. Die Arbeit dort beginnt auch schon. Schwiegermutter Erika ist dabei, den Anbau im Garten zu planen und die Gemüse- und Blumenpflanzen anzuziehen. Dieses Wissen will sie an ihre Enkel und die Schwiegertochter weitergeben. Tradition, die weiterlebt.